Donnerstag, 10. Juni 2010

Temporäres Denkmal für Johann „Rukeli“ Trollmann

Johann 
TrollmannMit dem temporären Denkmal 9841 im Berliner Viktoriapark an einen außergewöhnlichen sinto-deutschen Sportler erinnern, dem aufgrund seiner ethnischen Wurzeln im Nationalsozialismus Erfolg und sozialer Aufstieg versagt blieben. Entrechtet und ausgegrenzt, verlor Trollmann schrittweise seine Existenzgrundlage, wurde 1942 im KZ Neuengamme inhaftiert und 1944 im KZ Wittenberge ermordet.


Die über eine Ringecke abgesenkte Boxringskulptur 9841 – der Titel greift die Häftlingsnummer Trollmanns aus dem KZ Neuengamme auf – übersetzt in originaler Größe die soziale und politische Gefährdung, die Trollmanns Leben beherrschte, in ein dreidimensionales Objekt.
Die schräge Ebene des Boxrings garantiert keinen Halt mehr, so wie die brutale Diffamierung „nicht-arischer“ Menschen zu Beginn des Dritten Reiches Trollmann sukzessive in den Abgrund von Rechtlosigkeit und Verfolgung zog. Er verlor nicht nur seinen rechtmäßigen Anspruch auf den sportlichen Titel, sondern letztlich auch – und mit ihm viele „nicht-arische“ Sportler – sein Leben.
Den 9. Juni 1933, den Tag, an dem Trollmann Deutscher Meister im Halbschwergewicht wurde, möchten wir 2010 zum Anlass nehmen, die Boxring-Skulptur 9841 im Viktoriapark in Kreuzberg einzuweihen.
Im Jahr 2004 wurde Trollmann posthum der Titel des Deutschen Meisters im Halbschwergewicht vom Berufsverband Deutscher Boxer wieder zuerkannt, seine Heimatstadt Hannover benannte einen Fußgängerweg nach ihm. Mit der Skulptur 9841 soll das Schicksal Trollmanns wieder in den öffentlichen Fokus jener Stadt gerückt werden, in der das Ende seiner Boxerkarriere brutal besiegelt wurde.
Ein umfangreiches Veranstaltungsprogramm wird die Intervention im öffentlichen Raum begleiten und die Skulptur zeitweilig in eine Bühne und Plattform für Begegnungen verwandeln. von[hier]

Das Denkmal im Viktoriapark, am Rosengarten [blogmap hier]
Deutscher Meister Halbschwergewicht 1933 und Info-Stele am Denkmal

Info zum Projekt als .pdf  [hier]
Zur Geschichte Johann Trollmann .pdf [hier]

zum weiteren Programm von [hier] :

MI 09. Juni 2010, 18.00 Uhr

Einweihung des temporären Denkmals 9841
Begrüßung durch die Kuratoren Lith Bahlmann und Simon Marschke.
Es sprechen Dr. Silvio Peritore [Dokumentations- und Kulturzentrum Deutscher Sinti und Roma, Heidelberg], Petra Rosenberg [Vorsitzende des Landesverbandes Deutscher Sinti und Roma Berlin-Brandenburg e.V.] und Manuel Trollmann [Großneffe von Johann Trollmann].
Ab 17 Uhr zeigen Gruppen der Carl von Ossietzky Oberschule, Kreuzberg, und der Evangelischen Schule Berlin Zentrum in der gelben Villa Ergebnisse des Vermittlungsprojekts Finten.

Ab 20 Uhr
wird Dotschy Reinhardt mit ihrer Band
ein Konzert am Denkmal geben.
Dotschy Reinhardt







DO 10. Juni 2010, 19:00 Uhr

Der nationalsozialistische Völkermord an den Sinti und Roma
Vortrag von Dr. Silvio Peritore

Eine halbe Million Sinti und Roma wurden Opfer des nationalsozialistischen Völkermords im besetzten Europa; sie wurden aus rassenpolitischen Gründen verfolgt und ermordet. Dieses Verbrechen wurde lange aus dem öffentlichen Bewusstsein verdrängt und zum Teil geleugnet. Nach wie vor bestehen Defizite in der Wahrnehmung dieses Genozids und der Auseinandersetzung damit. Die "Lehren aus Auschwitz" haben vor dem Hintergrund des heutigen Rassismus gegenüber den Sinti und Roma, die mit über zehn Millionen Angehörigen die größte Minderheit in Europa darstellen, wie im Falle der Bekämpfung des Antisemitismus ebenso uneingeschränkt zu gelten.
Dr. Silvio Peritore ist Leiter des Bereichs Dokumentation im Dokumentations- und Kulturzentrum Deutscher Sinti und Roma in Heidelberg. Seine Aufgabenschwerpunkte sind Erinnerungs- und Gedenkstättenarbeit, Holocaust-Forschung, Antiziganismusforschung und die Entwicklung von Gegenstrategien.

SA 12. Juni 2010, 15:00 Uhr

Johann „Rukeli“ Trollmann – Deutscher Boxmeister im Halbschwergewicht
Lesung und Gesprächsrunde mit Nina Kronjäger, Dr. Roger Repplinger, Jens Meurer, Sophia Schmitz, Moderation: Dr. Peter Funken
LesungDas Schicksal von Johann Trollmann als Opfer der bis heute marginalisierten Erinnerung an verfolgte und ermordete Sportler im Nationalsozialismus ist Anlass, sich seinem Leben kritisch zu nähern. Dabei soll die Geschichte und die gesellschaftliche Stellung des Boxsports nicht nur im historischen Kontext, sondern auch im Hier und Jetzt reflektiert werden. Eingeleitet wird die Gesprächsrunde durch eine Lesung der Schauspielerin Nina Kronjäger aus dem Buch Leg dich, Zigeuner von Roger Repplinger.


Der Soziologe Dr. Roger Repplinger lebt als freier Autor und Journalist in Hamburg.
Seine Doppel-Biografie Leg dich, Zigeuner erzählt die Lebensgeschichte Johann Trollmanns und die von Otto „Tull“ Harder. Harder war in den 1920er Jahren als Stürmer mit dem Hamburger SV Deutscher Meister geworden. Er wurde später SS-Offizier und Lagerkommandant im KZ Neuengamme bei Hamburg. 1942/43 sind beide zeitgleich im KZ Neuengamme: Trollmann als Häftling, Harder als Aufseher.
Sophia Schmitz ist Historikerin. Derzeit forscht sie zum Thema Boxen im Nationalsozialismus und hat das Projekt 9841 maßgeblich begleitet.
Moderiert wird das Gespräch von dem Kunstwissenschaftler Dr. Peter Funken.

DO 17. Juni 2010, 19:00 Uhr

Das Brennglas
Lesung von Petra Rosenberg

Petra 
RosenbergIn seinem Buch Das Brennglas erzählt Otto Rosenberg seine Lebensgeschichte. Otto Rosenberg stammt aus einer Familie von Sinti, die seit Generationen in Deutschland ansässig ist. Geboren 1927 in Ostpreußen, kommt er im Alter von zwei Monaten mit seinen Eltern nach Berlin. 1936 werden er und seine Familie von den Nationalsozialisten in das Zwangslager Berlin-Marzahn verschleppt. Ende 1942 wird er wegen angeblicher Sabotage verhaftet und im Frühjahr 1943 in das Vernichtungslager Auschwitz deportiert. Er überlebt als Einziger von elf Geschwistern. Auschwitz überlebt zu haben, wird für Otto Rosenberg Auftrag und Verpflichtung. 1978 zählt er zu den Mitgründern der Cinti Union Berlin – heute Landesverband Deutscher Sinti und Roma Berlin-Brandenburg e.V., dessen Vorsitz er bis zu seinem Tod 2001 innehatte. Otto Rosenberg setzte sich für die gesellschaftliche Gleichstellung, insbesondere für eine gerechte Entschädigung der NS-Opfer ein. 1987 erreichte er die Anerkennung des Lagers Marzahn als NS-Zwangslager durch den Berliner Senat. Für seine Verdienste um die Verständigung zwischen Minderheit und Mehrheit wurde er 1998 mit dem Bundesverdienstkreuz Erster Klasse ausgezeichnet.
Auszüge aus Das Brennglas werden von Otto Rosenbergs Tochter Petra gelesen. Petra Rosenberg ist Diplom-Pädagogin und seit 2005 Vorsitzende des Landesverbandes Deutscher Sinti und Roma Berlin-Brandenburg e.V.

DI 22. Juni 2010, 19:00 Uhr

Was mit Unku geschah – Das kurze Leben der Erna Lauenburger
Jugendforschungsprojekt, Leitung: Jana Müller, Deutschland 2009, 35 Min.
was mit 
unku geschahErna Lauenburger, genannt Unku, war die Titelheldin des Ende der 1920er Jahre in Berlin spielenden Romans Ede und Unku von Alex Wedding. Eine Jugendgruppe des Alternativen Jugendzentrums Dessau zeichnet in diesem Dokumentarfilm den Lebensweg von Erna Lauenburger und ihr nahestehenden Personen nach und beleuchtet den nationalsozialistischen Völkermord an Sinti und Roma.




DI 22. Juni 2010, 19:40 Uhr

Nicht wiedergekommen
Regie: Jana Müller, Deutschland 2010, 52 Min.
nicht 
wiedergekommenVon 27 Angehörigen der Familie Franz überlebten lediglich vier Personen den Völkermord an den Sinti und Roma. Die Orte, an denen Familienmitglieder u.a. litten und starben, stehen für unvorstellbares Leid: Sachsenhausen, Dachau, Neuengamme, Buchenwald, Auschwitz-Birkenau, Mittelbau-Dora, Bergen-Belsen, Lichtenburg, Ravensbrück, Mauthausen.
Wald-Frieda Weiss, geborene Franz, erinnert sich schmerzlich an den Verlust ihrer Mutter, mit der sie gemeinsam viele Jahre in den Konzentrationslagern Lichtenburg und Ravensbrück litt, bis Franziska Franz in der Bernburger Gaskammer ermordet wurde, sowie an den geliebten Vater Gustav Franz, der im Konzentrationslager Mauthausen an den Folgen von Misshandlungen starb.
Die Amadeu Antonio Stiftung präsentiert zwei Filme des Alternativen Jugendzentrums Dessau, mit anschließendem Gespräch.
Dr. Andrés Nader, Leiter der Amadeu Antonio Stiftung und die Filmemacherin und Mitarbeiterin des Alternativen Jugendzentrums Dessau Jana Müller sind anwesend.


DO 24. Juni 2010, 19:00 Uhr

Ceija Stojka
Österreich 1999, Regie und Buch: Karin Berger, 84 min.

celja 
stojkaCeija Stojka ist Malerin, Autorin und Sängerin. Dieser Film ist das Portrait einer Frau, das viele Facetten ihrer Persönlichkeit zum Ausdruck bringt und gleichzeitig eine Biografie rekonstruiert, die zahlreiche kollektive Erfahrungen der Roma und Sinti in sich birgt. Die Basis der filmischen Erzählung liegt in der Gegenwart. Durch Rückblenden in Form von historischem Film- und Fotomaterial, Begegnungen mit Orten des Erinnerns und durch Ceija Stojkas´ Malereien ist die Vergangenheit stets mit dem gegenwärtigen Leben verwoben. Als eine der wenigen ihrer großen Familie hat Ceija Stojka die Konzentrationslager des NS Regimes überlebt. Ceija Stojkas´ düstere Bilder erzählen von Verfolgung, Verhaftung und Demütigung – Traumata, die nie zu bewältigen sein werden und die den Alltag prägen. Obwohl das Erlittene immer präsent ist, hat Ceija Stojka ihre Kraft wiedergefunden.
In Anwesenheit der Regisseurin Dr. Karin Berger.


MI 30. Juni 2010, 19:00 Uhr

Holt die Wäscheleine rein...
Vortrag und Präsentation von Barbara Danckwortt

waescheleineDas Ausstellungsprojekt des Instituts für Europäische Ethnologie der Humboldt-Universität Berlin, das im Rahmen eines Seminars im Wintersemester 2007/2008 stattfand, untersuchte Stereotype des „Zigeuners“ als des „Fremden“, des „Nomaden“, „Asozialen“, „Kriminellen“, „Magiers“, des „sexuellen Verführers“ und „Kinderdiebes“. Das Projekt demonstrierte, wie manifest diese Vorurteile bis heute in breiten Bevölkerungsschichten sind und nach wie vor als Begründung für die Missachtung und gesellschaftliche Diffamierung dieser Minderheit dienen. Diese ausgrenzenden Klischees zu untersuchen und mit der realen Kultur und Geschichte der Sinti und Roma zu konfrontieren, bleibt daher ein aktuelles Anliegen. Initiiert wurde die Ausstellung von Barbara Danckwortt.
Barbara Danckwortt ist Historikerin, Ethnologin und Kunsthistorikerin, sie befasst sich in ihren Forschungen insbesondere mit Ausgrenzungen von Minderheiten, Rassismus und der NS-Verfolgung von Sinti und Roma. In ihrem Vortrag wird sie die Inhalte und Ergebnisse der Ausstellung Holt die Wäsche rein... und dem dazu stattgefundenen Seminar vorstellen.


DO 01. Juli 2010, 15.00 Uhr

Historischer Spaziergang mit Lothar Uebel
lothar 
uebelEin gemeinsamer Spaziergang über das Gelände der Bockbierbrauerei Kreuzberg soll uns Einblicke in die Boxkampfkultur zur Zeit der Wilhelminischen Ära geben und uns an den Schauplatz des Kampfes um den Deutschen Meisterschaftstitel von 1933 führen.
Lothar Uebel ist Betreiber des Büros mit dem historischen Gedächtnis und Archivar. Er ist Verfasser zahlreicher Veröffentlichungen, Recherchen und Beiträge zu historischen Fragen und Themen.



DO 01. Juli 2010, 16.30 Uhr

Verlegung eines Stolpersteins für Johann „Rukeli“ Trollmann
Begrüßung durch den Stadtrat für Finanzen, Kultur, Bildung und Sport des  Bezirkes Friedrichshain-Kreuzberg, Dr. Jan Stöß.
stolpersteinZum Gedenken an das Schicksal von Johann Trollmann wird der Künstler Gunter Demnig einen Stolperstein in der Fidicinstr. 3, am ehemaligen Eingang zum Sommergarten der Bockbierbrauerei verlegen. Hier fand am 9. Juni 1933 der Titelkampf um die Deutsche Meisterschaft im Halbschwergewicht zwischen Johann Trollman und Gustav Eder statt.
Der Künstler Günther Demnig entwickelte 1993 die Idee ein „dezentrales Monument“ zu schaffen, welches die Erinnerung an die Ermordeten an jene Orte zurückbringt, an denen sie lebten, als die Nationalsozialisten sie stigmatisierten und verfolgten. Inzwischen liegen Stolpersteine in über 500 Orten Deutschlands und in mehreren Ländern Europas. Durch die persönliche Beschriftung der Steine werden den durch die Nazis nur mit Nummern versehenen Opfern ihre Namen zurückgegeben.


DO 8. Juli 2010, 19:00 Uhr

Es geht um alles
Deutschland 2008, Regie: Nina Pourlak, 96 min.

arthur 
abraham„Es geht um Alles“ erzählt die berührende Geschichte eines Zusammenfindens der Kulturen und Charaktere in einem harten Geschäft. Dabei verteilt dieser Film ebenso kraftvolle wie authentische Geraden mitten in die Auseinandersetzungen zwischen Trainer und Boxer. Die Atmosphäre zwischen ihnen ist körperlich spürbar, der Weg zum Kampf wird nachvollziehbar. Mit Wucht und großer Sensibilität bringt „Es geht um Alles“ neue und spannende Ebenen zu Tage – über einen umstrittenen Sport, über Integration, Freundschaft und Begegnungen in unserem Land. Trainerlegende Ulli Wegner versucht aus einem jungen Gewinner eine Persönlichkeit zu schmieden und kennt die Härten des Profiboxsports. Mittelgewichts-Weltmeister Arthur Abraham ist der gefeierte Held im Ring und nicht ohne Stolz. Während Arthur Abraham in seiner Heimat Armenien wie ein König gefeiert wird, ist sein Trainer der einzige Ehrenbürger von Penkun, der kleinsten Stadt von Mecklenburg-Vorpommern. Er sagt, dies sei der größte Titel, den er je errungen habe.


DO 15. Juli 2010, 19:00 Uhr

Gypsy – Die Geschichte einer großen Sinti-Familie
Lesung von Dotschy Reinhardt
dotschy 
reinhardtDotschy Reinhardt ist eine begnadete Jazz- und Swing-Musikerin. Ihr Buch schildert auf eindrückliche Weise die Geschichte ihrer Familie, deren Mitglieder  als Sinti-Deutsche im Nationalsozialismus verfolgt wurden und auch heute noch gegen Vorurteile zu kämpfen haben. Die Familiengeschichte ist aber auch geprägt von ihren Traditionen und der Musik. In ihrer Lesung wird Dotschy Reinhardt die verschiedenen Aspekte ihres Lebens beleuchten: Ihren Umgang mit der Familientradition zum einen und das Leben als Musikerin in Berlin zum anderen.